Wabi-Sabi, oder auch: Die Schönheit des Unperfekten
Lernen von japanischer Ästhetik: Erst Makel machen das Schöne vollkommen – bei Einrichtungen genau wie bei Menschen. Über das Zen der Dinge
Schönheit liegt im Auge des Betrachters – besonders wenn es um die Einrichtung der eigenen vier Wände geht. Der eine hat einen Hang zum Minimalistischen, der andere bevorzugt Shabby Chic. Doch eines haben viele gemeinsam: einen Hang zur Perfektion. Wer solchem Perfektionismus verfallen ist und Lust auf Perspektivwechsel hat, dem ist zu empfehlen, sich mit dem Prinzip des Wabi-Sabi zu beschäftigen – dem „Zen der Dinge“.
Der Ausdruck Wabi-Sabi ist nicht leicht zu übersetzen. Wabi bedeutet ursprünglich „Armut“ und „sich einsam fühlen“, wandelte sich jedoch zur positiv konnotierten Nicht-Abhängigkeit von Besitz. Sabi wird häufig mit Patina gleichgesetzt, bedeutet aber mehr als das: die Würde des Alterns und des Gebrauchtseins.
Es geht beim Wabi-Sabi auch um die Schönheit in der Hülle des Unscheinbaren. Der gebrochene Glanz des Mondes erscheint schöner als die helle Sonne, Melancholie wird als positives Gefühl wahrgenommen. Zugegeben: Das Konzept ist für die westliche Welt nicht gleich zugänglich.
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Es geht beim Wabi-Sabi auch um die Schönheit in der Hülle des Unscheinbaren. Der gebrochene Glanz des Mondes erscheint schöner als die helle Sonne, Melancholie wird als positives Gefühl wahrgenommen. Zugegeben: Das Konzept ist für die westliche Welt nicht gleich zugänglich.
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Wabi-Sabi im Interior
Was man aus der Lehre allerdings leicht mitnehmen kann, ist die Art, wie wir Dinge wahrnehmen, neu zu betrachten. Bei der Einrichtung kann das eine wertvolle Hilfestellung sein. Plötzlich stellt sich dann die Frage: Kann ich auch Schönheit im Imperfekten und im Kargen finden?
Ein wichtiger Teil der Wabi-Sabi-Philosophie – und eines ihrer greifbaren Elemente – ist die Asymmetrie. Ein typisches Wabi-Sabi-Objekt – ob für den täglichen Gebrauch oder Kunst – ist von einer gewissen Natürlichkeit geprägt. Es bedarf etwas Übung, sich daran zu gewöhnen, dass Blumen, die schief in einer Vase hängen (in etwa wie draußen in der Natur), gerade so besonders schön sind. Probieren Sie es mal aus! Schon bei solchen Kleinigkeiten bemerken Europäer oft, dass diese fernöstliche Ästhetik vielem widerspricht, was wir einst gelernt haben.
Was man aus der Lehre allerdings leicht mitnehmen kann, ist die Art, wie wir Dinge wahrnehmen, neu zu betrachten. Bei der Einrichtung kann das eine wertvolle Hilfestellung sein. Plötzlich stellt sich dann die Frage: Kann ich auch Schönheit im Imperfekten und im Kargen finden?
Ein wichtiger Teil der Wabi-Sabi-Philosophie – und eines ihrer greifbaren Elemente – ist die Asymmetrie. Ein typisches Wabi-Sabi-Objekt – ob für den täglichen Gebrauch oder Kunst – ist von einer gewissen Natürlichkeit geprägt. Es bedarf etwas Übung, sich daran zu gewöhnen, dass Blumen, die schief in einer Vase hängen (in etwa wie draußen in der Natur), gerade so besonders schön sind. Probieren Sie es mal aus! Schon bei solchen Kleinigkeiten bemerken Europäer oft, dass diese fernöstliche Ästhetik vielem widerspricht, was wir einst gelernt haben.
So steht Wabi-Sabi auch in interessantem Kontrast zu unseren Design-Werten. Während in der westlichen Welt ein Objekt oder Produkt oft hohen Ansprüchen an Funktion, Technik, Makellosigkeit und Symmetrie unterliegt, werden die Werte beim Wabi-Sabi genau umgekehrt: hier geht es um Natürlichkeit, organische Formen, sogar Dinge, die „wertfrei“ sind.
Unvollkommen = schön
Für mich ist Wabi-Sabi die Kunst, Unvollkommenheit als Vollkommenheit zu betrachten.
Nicht immer alles restaurieren zu müssen, sondern hier und da auch mal die Anzeichen des Alters zu würdigen. Es bedeutet, Respekt vor der Schlichtheit zu haben. Less is more. Die kleinen „Mängel“ an Handwerksarbeiten (der Tontopf, der etwas schief ist; die Glasur, die eine kleine Blase oder Macke hat) als individuelle Merkmale zu sehen.
Traditionelle japanische Raku-Keramik, für die glühend heiße Stücke aus dem Brennofen in ein Bett aus Sägespänen gelegt und unberechenbar geschwärzt und krakeliert werden, fordert die Schönheit dieser Makel geradezu heraus.
Für mich ist Wabi-Sabi die Kunst, Unvollkommenheit als Vollkommenheit zu betrachten.
Nicht immer alles restaurieren zu müssen, sondern hier und da auch mal die Anzeichen des Alters zu würdigen. Es bedeutet, Respekt vor der Schlichtheit zu haben. Less is more. Die kleinen „Mängel“ an Handwerksarbeiten (der Tontopf, der etwas schief ist; die Glasur, die eine kleine Blase oder Macke hat) als individuelle Merkmale zu sehen.
Traditionelle japanische Raku-Keramik, für die glühend heiße Stücke aus dem Brennofen in ein Bett aus Sägespänen gelegt und unberechenbar geschwärzt und krakeliert werden, fordert die Schönheit dieser Makel geradezu heraus.
Anders als im lieblichen Shabby-Chic – der ebenfalls auf Patina setzt – geht es beim Konzept des Wabi-Sabi vor allem auch um Reduktion. Näher liegt da noch die Ästhetik der Shaker.
Interessant ist, dass sich natürliche Materialien der Patina der Zeit viel besser hingeben. Holz, Stein, Metall – alle sehen sie trotz oder gerade wegen der Altersspuren schön aus. Ein alter Esstisch aus Eiche zum Beispiel, mit seinen vielen Narben, ist ein Spiegelbild der vielen aufregenden Abende, die an ihm verbracht wurden.
Interessant ist, dass sich natürliche Materialien der Patina der Zeit viel besser hingeben. Holz, Stein, Metall – alle sehen sie trotz oder gerade wegen der Altersspuren schön aus. Ein alter Esstisch aus Eiche zum Beispiel, mit seinen vielen Narben, ist ein Spiegelbild der vielen aufregenden Abende, die an ihm verbracht wurden.
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Mit Wabi-Sabi wohnen ist nachhaltig wohnen
Mich als Designerin bringt das Prinzip des Wabi-Sabi dazu, gezielter zu gestalten und Dinge zu verwenden, die auch in zehn oder zwanzig Jahren noch begeistern. Aber es bedeutet für mich auch, die materielle Welt gelassener zu betrachten – und das ist eine tagtägliche Übung in einem Land, in dem Konsum und Statussymbole (heute vielleicht eher das iPhone als den neuen Audi) einen hohen Stellenwert haben.
Mich als Designerin bringt das Prinzip des Wabi-Sabi dazu, gezielter zu gestalten und Dinge zu verwenden, die auch in zehn oder zwanzig Jahren noch begeistern. Aber es bedeutet für mich auch, die materielle Welt gelassener zu betrachten – und das ist eine tagtägliche Übung in einem Land, in dem Konsum und Statussymbole (heute vielleicht eher das iPhone als den neuen Audi) einen hohen Stellenwert haben.
Es ist schön, schöne Dinge zu besitzen. Aber sie sind eine Leihgabe auf Zeit. Was Wabi-Sabi einen lehren kann: sich nicht den Kopf zu zerbrechen (oder gar wütend zu werden), wenn das Nachbarskind die KPM-Porzellanvase umhaut oder der Welpe am Thonet-Holzstuhl nagt.
Allerdings ziehe ich auch meine Grenzen. Wenn Handwerker geschludert haben, werde ich das nicht als faux Wabi-Sabi-Ästhetik hinnehmen und sie mit einem fröhlichen „Hach, nicht so schlimm“ auf den Weg schicken. Es gibt Wabi-Sabi – aber es gibt auch einfach Pfusch.
Allerdings ziehe ich auch meine Grenzen. Wenn Handwerker geschludert haben, werde ich das nicht als faux Wabi-Sabi-Ästhetik hinnehmen und sie mit einem fröhlichen „Hach, nicht so schlimm“ auf den Weg schicken. Es gibt Wabi-Sabi – aber es gibt auch einfach Pfusch.
Die perfekte Wohnung aber wird oft durch das Imperfekte ausgemacht. Vielleicht würde es uns allen guttun, ein wenig lockerer zu werden, wenn es um das Thema Schönheit geht, und auch mal abzukommen von den klassischen westlichen Werten.
Wabi-Sabi ist für mich mehr denn je ein Plädoyer an die Interior-Welt, noch bedachter, liebevoller, naturbezogener zu werden. Das fördert Nachhaltigkeit, Kreativität, Gelassenheit und vor allem Spaß! Denn wer zu verbissen ist, alles just so zu gestalten, der kann schnell das Schönste am Einrichten verpassen.
Können Sie sich mit dem Konzept Wabi-Sabi anfreunden – oder setzen Sie es schon um? Erzählen Sie gerne in den Kommentaren davon!
Buchtipp: Das im Wasmuth Verlag erschienene Buch „Wabi-sabi für Künstler, Architekten und Designer“ von Matthias Dietz ist eine gute Einführung.
Wabi-Sabi ist für mich mehr denn je ein Plädoyer an die Interior-Welt, noch bedachter, liebevoller, naturbezogener zu werden. Das fördert Nachhaltigkeit, Kreativität, Gelassenheit und vor allem Spaß! Denn wer zu verbissen ist, alles just so zu gestalten, der kann schnell das Schönste am Einrichten verpassen.
Können Sie sich mit dem Konzept Wabi-Sabi anfreunden – oder setzen Sie es schon um? Erzählen Sie gerne in den Kommentaren davon!
Buchtipp: Das im Wasmuth Verlag erschienene Buch „Wabi-sabi für Künstler, Architekten und Designer“ von Matthias Dietz ist eine gute Einführung.
Wabi-Sabi bedeutet so viel wie: Das Schöne im Schlichten zu finden. Es ist jedoch nicht mit Minimalismus zu verwechseln.
Der Ausdruck bezieht sich primär auf einen Baustein der japanischen Ästhetik – unter anderem das Prinzip des Einfachen und Unprätentiösen – aber auch auf eine Lebenseinstellung, die ihren Ursprung im Zen-Buddhismus findet. Wabi-Sabi funktioniert drinnen sowie draußen im Garten.